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Die USA opfern Rechtsstaatlichkeit und Wahrheit dem Mythos einer islamistischen Verschwörung
Von SEBASTIAN RANGE, 6. April 2011 -
Das
jahrelange Tauziehen ist beendet: Die fünf mutmaßlichen Haupttäter vom
11. September 2001 werden vor ein Militärtribunal in Guantánamo Bay
gestellt. US-Justizminister Eric Holder teilte am Montag mit, dass er
von seinem ursprünglichen Plan abgerückt ist, der Gruppe der
Topterroristen um den als Hauptdrahtzieher verdächtigten Khalid Sheikh
Mohammed (KSM) den Prozess vor einem Zivilgericht auf US-Boden zu
machen. Der Widerstand im Kongress sei zu groß gewesen.
Holder
machte zugleich klar, dass er weiterhin ein Zivilverfahren vorgezogen
hätte. „Ich stehe auch heute noch zu meiner Entscheidung“, sagte der
Minister. Die Gegenwehr im Kongress habe aber einen Prozess vor einem
ordentlichen Gericht in den USA unmöglich gemacht, „und wir können es
nicht erlauben, dass ein Verfahren länger verzögert wird. (...) Wir
müssen die Verschwörer zur Rechenschaft ziehen“.
Wann der größte
Terrorismus-Prozess der US-Geschichte in dem Gefangenenlager auf Kuba
beginnen wird, ist aber noch offen. Neben Mohammed sollen sich Ali
Abdel Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hausawi, Walid bin Attasch sowie Ramzi
Binalshibh (RBS) verantworten. Binalshibh gehörte zur sogenannten
Hamburger Zelle um Mohammed Atta und gilt neben KSM als wichtigster
Drahtzieher der Anschläge.
Ganz gleich wie das Urteil des
Militärtribunals ausfallen wird – ob lebenslängliche Haftstrafe oder
Hinrichtung – rechtsstaatlich ist es nicht. Die Rechte der Angeklagten
sind vor einem Militärgericht stark eingeschränkt. Daher kritisierte die
Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) das
Einlenken Holders am Montag scharf.
Ein Zivilgericht hingegen
hätte zunächst prüfen müssen, ob die Aussagen von Sheikh Mohammed
überhaupt gerichtsverwertbar sind. Denn diese sind unter vielfältigen
Folter-Methoden zustande gekommen und werden selbst von CIA-Agenten als
unglaubwürdig eingeschätzt.
Nach offiziellen Angaben wurde KSM
allein 183-mal der Waterboarding-Folter ausgesetzt. US-Agenten drohten
ihm auch, seine zum damaligen Zeitpunkt sieben und neun Jahre alten
Kinder, welche in Pakistan interniert waren, zu foltern. Laut
verschiedenen Quellen blieb es nicht allein bei den Drohungen. (1)
Alle
fünf Angeklagten haben sich bereits schuldig bekannt. Dem
Militärtribunal bleibt somit eine Beweisführung der Schuld weitestgehend
erspart. Somit ist auch nicht zu erwarten, dass Widersprüche in den
Aussagen bzw. der Hintergrund des Lebenslaufs von KSM mit seinen
Kontakten zu Geheimdiensten, aufgeklärt werden.
Gegenüber
Repräsentanten des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes sagte KSM
im Oktober 2006, dass er viele Falschaussagen in der Annahme gemacht
habe, dass die Agenten dies von ihm hören wollten und somit mit dem
Foltern aufhören. (2)
Und die Verhörspezialisten wollten offenbar
eine Menge hören. So bekannte sich KSM zu angeblich geplanten
Attentaten auf Persönlichkeiten wie den Ex-US-Präsidenten Bill Clinton
und Jimmy Carter, Pakistans Ex-Präsidenten Pervez Musharraf oder auf
Papst Johannes Paul II. Anschlagspläne hätte es auch in Bezug auf den
Panama-Kanal und auf Londons bekannten „Big Ben“ gegeben. Wie
unglaubwürdig seine Aussagen sind zeigt die Tatsache, dass er sich zu
einem Anschlagsplan auf die „Plaza Bank“ in Seattle bekannte. Doch diese
wurde erst Jahre nach seiner Festnahme gegründet. Kein Wunder, dass
CIA-Agenten daher davon ausgingen, dass „90 Prozent seiner Aussagen“
unglaubwürdig seien. (3)
Im Mai 2007 bekannte sich KSM dann
angeblich in einer Anhörung vor einem von der Öffentlichkeit
abgeschirmten Militärtribunal in Guantánamo in Sachen 11. September
schuldig: „Ich war verantwortlich für die 9/11-Operation, von A bis Z.“
Zum
ersten Jahrestag des 11. September geriet KSM erstmals als
Hauptschuldiger ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Bis dato wurde
unisono der Finger auf Osama Bin Laden gerichtet. Das änderte sich,
nachdem der Al-Jazeera-Korrespondent Yosri Fouda das geschafft
haben will, was den Terrorjägern der USA nicht gelungen war: er hatte
angeblich KSM und RBS in Pakistan aufgespürt und sich zwei Tage mit
ihnen in Karatschi getroffen. Zustande gekommen war das Treffen
angeblich auf Einladung der Al-Qaeda-Terroristen, die ihre Sicht der
Dinge in einem Interview darlegen wollten. Die London Times
schrieb damals, die Interviews seien „das erste volle Eingeständnis von
hochrangigen Leuten aus Bin Ladens Netzwerk, dass sie die Attacken des
11. September ausgeführt haben.“ (4)
Beweise dafür, dass dieses
Treffen tatsächlich stattgefunden hat, blieb Fouda aber bislang
schuldig. Denn Al-Qaeda habe nicht das Versprechen eingelöst, die
Videoaufnahmen des Treffens an ihn zu übergeben. Verwirrung herrscht
sowohl über den Zeitpunkt des Treffens sowie über den Termin der
Festnahme von Sheikh Mohammed.
Im September 2002 – RBS war am
10. des Monats in Pakistan festgenommen wurden – berichteten
pakistanische Zeitungen, dass KSM bereits am 16. Juni 2002 festgenommen
worden sei. (5) Die US-amerikanischen und pakistanischen Behörden
dementierten diese Meldungen, doch die zeitlichen Abläufe widersprechen
dem Dementi.
Laut Ron Suskind, Verfasser des Buches The One Percent Doctrine, habe Fouda zwei Tage zuvor seine Vorgesetzten des in Katar ansässigen Senders Al-Jazeera
darüber informiert, dass er in Karatchi KSM und RBS getroffen habe.
Kurz darauf informierte der Emir von Katar, Sheikh Hamad bin Khalifa
al-Thani, die CIA über das Treffen. Er nennt dem Geheimdienst auch den
Ort des Appartements, in dem das Treffen stattgefunden haben soll. Der
in den pakistanischen Medien behauptete Zeitpunkt der Festnahme, die
offiziell erst im März 2003 erfolgt sein soll, würde dazu passen, dass
die CIA kurz zuvor durch den Emir über den Aufenthaltsort von KSM
während des Interviews informiert wurde. (6)
Dies würde dafür
sprechen, dass das Treffen mit Fouda tatsächlich stattgefunden hat.
Fouda selbst hat den Zeitpunkt des Treffens mehrmals korrigiert. Kurz
vor der Festnahme Binalshibhs hatte er das Treffen noch auf den Juni
2002 terminiert. Schließlich änderte er seine Angaben dahingehend, dass
das Treffen im April 2002 stattgefunden habe. Diese Version ist die bis
heute gültige.
Fraglich bleibt dann allerdings, warum sich KSM
als einer der meist gesuchten Männer der Welt noch zwei Monate später
bis zu seiner Festnahme in der Wohnung aufgehalten haben soll, die dem Al-Jazeera-Korrespondenten
bekannt war. Aber vielleicht stimmt dieser Zeitraum nicht, denn laut
den Transkripten der Anhörung vor dem Militärtribunal in Guantánamo,
habe das Treffen im Juni stattgefunden. (7)
Wie auch immer,
verifizierbare Belege für dieses Treffen gibt es nicht. Das ändert
nichts daran, dass das von Yosri Fouda zusammen mit Nick Fielding im
Jahr 2003 herausgebrachte Buch Mastermids of Terror, in welchem die Begegnung mit den 9/11-Drahtziehern geschildert wird, bis heute
die Grundlage für die offizielle Version bildet.
Der
Bericht der 9/11-Untersuchungskommission ist inhaltlich dahingehend
identisch mit Foudas Buch, als dass KSM und RBS – und nicht etwa Osama
Bin Laden – als Hauptverantwortliche für die Terrorattacke ausgemacht
werden.
Die Kommission bezieht sich dabei freilich nicht auf
Fouda und sein angebliches Treffen mit den Masterminds als Quelle,
sondern auf die Aussagen inhaftierter Al-Qaeda-Kämpfer.
Im Juni
2002 – Osama Bin Laden hatte bis dato eine Beteiligung an den Anschlägen
abgestritten – gerieten erstmals KSM und RBS durch die Aussagen des
Al-Qaeda-Mitglieds Abu Zubayda als Drahtzieher ins Visier. Zubaydas
unter Folter zustande gekommenes Geständnis habe die Fahnder schließlich
auf die Spur von RBS gebracht. Und dessen erfolterte Aussagen – nicht
etwa die Angaben des Emirs von Katar – haben die Fahnder dann im
Frühjahr 2003 zu KSM geführt. Auf dessen Aussagen begründet sich
maßgeblich die offizielle Version.
Über 200-mal wird in Fußnoten
des Kommissions-Berichts auf die Folter-Aussagen von KSM Bezug
genommen. Doch den Mitarbeitern der Kommission wurde jeglicher Zugang
zum Kronzeugen der offiziellen Version verweigert. Nicht einmal den
Aufenthaltsort von KSM wollte man ihnen gegenüber preisgeben.
Stattdessen musste die Kommission Fragen an die Verdächtigen schriftlich
bei einem CIA-Special Operator einreichen und bekam diese dann Wochen
später, nachdem die CIA erneut „verhört“ hatte, beantwortet. Ob diese
Antworten jedoch wirklich auf realen Aussagen beruhen, oder gleich
selbst von einem Special Operator verfasst wurden, lässt sich nicht
verifizieren.
So mussten selbst die Vorsitzenden der
9/11-Kommission eingestehen, auf Berichte aus „dritter Hand“ angewiesen
gewesen zu sein. Insgesamt beruht der Untersuchungsbericht auf über
hundert von der CIA produzierten Verhör-Protokollen. „Es gab keinen Weg,
die Glaubwürdigkeit der Aussagen zu überprüfen“, schrieben die
Kommissions-Vorsitzenden Thomas Kean und Lee H. Hamilton 2006 in ihrem
Buch Without Precedent und stellten die Frage: „Wie können wir
sagen, ob jemand wie Kahlid Sheikh Mohamed die Wahrheit sagt?“.
Bemerkenswerter Weise heißt es weiter: „wir überlassen es dem Leser [des
Kommissions-Berichts], die Glaubwürdigkeit dieser Quellen zu
beurteilen, wir hatten dazu keine Gelegenheit.“(8)
Die
Glaubwürdigkeit dieser Quellen wird aber wohl von niemandem mehr
überprüft werden können, denn die Aufnahmen der Verhöre wurden
unrechtmäßigerweise vernichtet, wie die New York Times im
Dezember 2007 erstmals berichtete. Rechtliche Konsequenzen gab es keine.
„Haben sie unsere Untersuchung behindert? Die Antwort ist ein klares
‚Ja’. Ob dies ein Verbrechen ist,
darüber müssen andere urteilen“, sagte ein „wütender“ Kean nach Bekanntwerden des Vorgangs der Beweisvernichtung. (9)
Die
Kommission wusste bis dato noch nicht einmal etwas von der Existenz
dieser Aufnahmen. Auch Transkripte bekam sie nie zu sehen. „Mit den
verschwundenen Bändern haben wir die ultimative Vertuschung. Die
unwiderlegbaren Beweise existieren einfach nicht mehr“ kommentierte
Stephen Saltzburg, Generalberater für das National Institute of Military
Justice, den Vorgang. (10)
Die offizielle 9/11-Version beruht auf erfolterten Geständnissen
Das
heißt nichts anderes, als dass die offizielle 9/11-Version auf Aussagen
von Menschen beruht, die in Geheimgefängnissen gefoltert wurden und zu
denen weder Anwälte, Angehörige oder selbst die offiziellen Ermittler
Zugang hatten. Niemand könnte zweifelsfrei behaupten, dass die CIA nicht
eventuell selbst die offizielle Version verfasst hat. Der Einzige, der
dieser nach Betrug stinkenden Brühe aus vernichteten Beweisen und
Vertuschungen, aus in Folterkellern entlockten „Geständnissen“ und
Gewaltandrohungen gegenüber Kindern das Aroma der öffentlichen
Glaubwürdigkeit beizumengen vermochte, ist und bleibt Yosri Fouda. Wer
wäre dazu, vor allem in der muslimischen Welt, besser geeignet gewesen
als ein Al-Jazeera-Mitarbeiter, der sich zuvor bereits kritisch über den War on Terror der USA geäußert hatte?
Hat
Fouda deshalb den Termin des Treffens nachträglich auf April 2002
korrigiert, damit nicht der Eindruck entsteht, er habe nur die Aussage
Zubaydas, demzufolge KSM und RBS die Drahtzieher waren, mit einer
eigenen Geschichte ausgeschmückt und ihr somit Glaubwürdigkeit
verliehen?
Ob brillanter Geheimdienst-Coup zur Täuschung der
Öffentlichkeit oder ein Faktum – die Widersprüche würden selbst dann
nicht enden, wenn Foudas Treffen mit KSM und RBS tatsächlich
stattgefunden hätte.
CIA-Sprecher Mark Mansfield sprach
unbewusst das Dilemma der offiziellen 9/11 Untersuchung aus: „Die CIA
hat große Anstrengungen unternommen, um den Anfragen der Kommission
nachzukommen und versorgte die Kommission mit wertvollen Informationen.
Die 9/11-Kommission zog sicherlich ihre Schlüsse aus detaillierten
Informationen, die von den inhaftierten Terroristen beschafft worden
sind. So haben sie schließlich das Komplott in ihrem umfassenden Bericht
rekonstruiert.“ (11)
Im Klartext: die Kommission musste sich auf
die „wertvollen“ Informationen seitens der CIA verlassen, um ihren
Bericht zu „rekonstruieren“. Immerhin verweisen mehr als ein Viertel
aller Fußnoten im Kommissions-Bericht als Quelle auf CIA-Verhöre.
Insbesondere die für die Geschehnisse wesentlichen Kapitel zur Planung
und Durchführung der Anschläge beruhen hauptsächlich auf diesen
Verhören.
Die angeblichen Drahtzieher und ihre Geheimdienstkontakte
Zu diesen „wertvollen Informationen“ gehörten sicherlich nicht die Geheimdienstverbindungen der Protagonisten.
1987
geht KSM nach Afghanistan um die sowjetischen Besatzungstruppen zu
bekämpfen. Dort fungiert er als rechte Hand von Abdul Rasul Sayyaf,
einem afghanischen Warlord, und ist für die Rekrutierung arabischer
Kämpfer zuständig. Der Krieg der Mudschaheddin wurde von den USA und
Saudi-Arabien mit Milliardenbeträgen unterstützt. Die Los Angeles Times schrieb, dass Sayyaf zu den „bevorzugten Empfängern von Geldern der saudischen und US-amerikanischen Regierung“ zählte. (12)
Khalids
Bruder Zahid Sheikh Mohammed, der die Verbindung von Sayyaf zu seinem
Bruder herstellte, arbeitete als Chef der pakistanischen Abteilung des
Wohlfahrtsverbands Mercy International. Über diese Organisation
schleuste die CIA Gelder zu den islamistischen Kämpfern in Afghanistan
und später in Bosnien. Laut Fotobelegen und anderen Dokumenten bestand
eine freundschaftliche Beziehung zwischen Zahid und Osama Bin Laden.
Zahid und sein Bruder KSM standen auch in Verbindung mit Nawaf Sharif,
der in den 1990er Jahren Premierminister Pakistans war. Die kenianische
Abteilung des Wohlfahrtsverbandes Mercy International soll in den
Anschlag auf die US-Botschaft 1998 verwickelt sein. (13)
Zu
Beginn der 1990er Jahre bis 1995 sammelte KSM Gelder für den Kampf der
Mudschaheddin in Bosnien. Während dieser Zeit lebte er in Katar und
genoss den Schutz der dortigen Regierung. Auch die US-amerikanischen
Dienste wussten um seinen Aufenthaltsort. Doch sie unternahmen nichts,
obwohl sie KSM mitverantwortlich für den Anschlag auf das World Trade
Center 1993 machten, sowie für seine Beteiligung am sogenannten
Bojinka-Plot. (14)
Überraschend ist dies jedoch nicht. Denn wie
schon in Afghanistan in den 1980er Jahren gab es in der gleichen Zeit in
Bosnien (und später im Kosovo) eine intensive Zusammenarbeit zwischen
islamistischen Kämpfern und den USA.
So holte die
US-amerikanische und dem Pentagon nahestehende Söldnerfirma MPRI
(Military Professional Ressources Inc.) Hunderte von islamistischen
Kämpfern nach Bosnien, trainierte sie und rüstete sie mit Waffen aus.
(15)
Auch die mutmaßlichen 9/11-Hijacker Khalid Almihdhar und
Nawaf Al-Hazmi beteiligten sich am Dschihad in Bosnien. Beide werden
neben Mohammed Atta und Marwan Al-Shehhi zu den Rädelsführern des
9/11-Plots gezählt. Sie wurden in den USA nach ihrer Einreise im Januar
2000 bis zu den Anschlägen am 11. September von einem Mann des
saudischen Geheimdienstes, Omar Al-Bayoumi, betreut. Atta und Al-Shehhi
standen hingegen in engem Kontakt mit dem mutmaßlichen CIA-Agenten
Wolfgang Bohringer. Atta erhielt auch größere Geldsummen vom
pakistanischen Geheimdienst ISI. (16)
KSM war mit seinem
Geldsammeln für den Dschihad in Bosnien so erfolgreich, dass ihm die
bosnische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. US-Behörden gehen davon
aus, dass auch er in engem Kontakt mit dem ISI stand. (17)
Einen
weiteren Widerspruch in der offiziellen Version belegt die Tatsache,
dass KSM vieles war, nur nicht religiös. Ausgerechnet der Mann, der von
„A bis Z“ für 9/11 verantwortlich sein will. Wie glaubhaft ist es, dass
Al-Qaeda einem „Ungläubigen“ diese wichtige Funktion überlässt?
„Anders
als Osama Bin Laden ist er kein Asket, sondern zog Hotelsuiten stets
den Lehmhütten der Mudschaheddin vor. Anders als Aiman al-Sawahiri
interessierten ihn Ideologie und Theologie zeitlebens wenig. KSM war der
Hitman al-Qaidas, Planer und Logistiker – aber weder ein Vordenker,
noch ein sonderlich frommer Mann.“ (18)
So versucht Spiegel-Online
den Widerspruch aufzulösen, indem KSM einfach als Logistiker
beschrieben wird, der mit Politik und Religion nicht viel am Hut hat.
Doch wie lässt sich dann sein Motiv erklären? Eine Antwort liefert das
Nachrichtenmagazin gleich mit:
„’Niemand versinnbildlicht das
Modell eines terroristischen Unternehmers mehr als er’, befand die
9/11-Kommission über KSM. Anders als bei den meisten Qaida-Terroristen
und -Führern ist die Motivation Mohammeds nicht Religion, sondern Rache
und Vergeltung“, schreibt der Qaida-Experte Roman Gunaratna. ‚Ihn treibt
eine einzige Mission: Die USA und ihre Freunde zu bestrafen.’“
Doch
warum sollte sich KSM an den USA rächen wollen, an deren Seite er über
ein Jahrzehnt kämpfte? Und wofür? Dafür, dass ihm die USA im Gegensatz
zu muslimischen Ländern einen Lebensstil ermöglichen, dem er zugeneigt
war? So heißt es weiter in dem Spiegel-Artikel:
„KSM war
noch bis kurz vor 9/11 bekannt für Besuche in Rotlicht-Distrikten, für
Flirts mit westlichen Frauen, für den Konsum von Alkohol.“
Al-Qaeda
bzw. Osama Bin Laden beauftragte also einen Mann für die Durchführung
des größten Terroranschlags in der Geschichte, der nicht religiös war
und seine Zeit am liebsten Alkohol konsumierend in Freudenhäusern
verbrachte? Sind das etwa die bevorzugten Charaktereigenschaften, die
zur Auswahl führten? Selbst in einem James Bond-Film würde so etwas
unglaubwürdig wirken. Aber in Sachen 9/11 ist die Öffentlichkeit
scheinbar bereit, jede Kröte zu schlucken. Zum öffentlichen Schluckauf
führte nicht einmal die Tatsache, dass auch die anderen mutmaßlichen
9/11-Rädeslführer – wie Mohammed Atta und Marwan Al-Shehhi – einen
ähnlichen Lebenswandel wie KSM führten, inklusive der Alkoholexzesse und
Besuche in Stripclubs und bei Prostituierten. (19)
Die „Jungs
waren allesamt echte Partylöwen” und hatten „jede Menge Geld parat”,
erinnerte sich Stephanie Frederickson, Nachbarin der
Striptease-Tänzerin Amanda Keller, mit der Mohammed Atta in den USA
liiert war. (20)
Die mutmaßlichen Rädelsführer des 11.
September, deren Motiv religiöser Fanatismus gewesen sein soll, waren
nachweislich nicht besonders religiös. Im Gegenteil. Und nachweislich
verfügten sie alle über Geheimdienstkontakte. Somit stellt sich die
Frage: Wenn diese Männer tatsächlich für die Anschläge des 11. September
verantwortlich waren, in wessen Auftrag handelten sie dann wirklich?
Eine Frage mit der sich das Militärgericht in Guantánamo sicherlich
nicht beschäftigen wird.
Anmerkungen
(1)
http://replay.waybackmachine.org/20090622023412/http://rawstory.com/08/news/2009/04/17/bush-torture-memos-align-with-account-that-911-suspects-children-were-tortured/
(2) http://www.nybooks.com/icrc-report.pdf
(3) http://www.newyorker.com/reporting/2007/08/13/070813fa_fact_mayer?printable=true
(4) http://www.fromthewilderness.com/timeline/2002/sundaytimes090802.html
Verfasser des Artikels war übrigens Nick Fielding, der später mit Yosri Fouda das Buch Masterminds of Terror herausgab.
(5) http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a061602ksmmaybecaptured#a061602ksmmaybecaptured
(6) http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a061402jazeeraleak#a061402jazeeraleak
(7) http://www.defense.gov/news/transcript_ISN10024.pdf
(8) Kean & Hamilton, „Without Precedent“, August 2006
(9) http://www.nytimes.com/2007/12/08/washington/08inquire.html?_r=1&oref=slogin
(10) http://rawstory.com/news/2007/Witness_tells_House_Judiciary_destroyed_tapes_1220.html
(11) http://deepbackground.msnbc.msn.com/archive/2008/01/30/624314.aspx
(12) http://articles.latimes.com/2002/dec/22/world/fg-ksm22
Siehe auch: http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a87ksmsayyaf#a87ksmsayyaf
(13) http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a93zahidmercy#a93zahidmercy
(14) http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a92ksmqatar#a92ksmqatar
http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a92ksmbosnia#a92ksmbosnia
http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a95ksmmahle#a95ksmmahle
Zum Bojinka-Plot siehe: http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a0195bojinka#a0195bojinka
(15) Jürgen Elsässer, „Wie der Dschihad nach Europa kam“, 2005
(16)
Siehe:
http://www.hintergrund.de/201008241097/globales/terrorismus/zdf-aufklaerung-klaeglich-gescheitert-qder-11-september-die-wahre-geschichteq.html
(17) http://www.historycommons.org/context.jsp?item=a93ksmisi#a93ksmisi
(18) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,557712,00.html
(19)
Siehe:
http://www.hintergrund.de/201008241097/globales/terrorismus/zdf-aufklaerung-klaeglich-gescheitert-qder-11-september-die-wahre-geschichteq.html
(20) Daniel Hopsicker, „Welcome to Terrorland“, 2004, Seite 73 f.
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