Freitag, 15. März 2019

Vom kaltblütigen Mörder zum Nationalhelden – Elor Azaria und die Tragik israelischer Politik - Das Brennglas auf Israels Gesellschaft

Für die Exekution eines reglos am Boden liegenden palästinensischen Attentäters wurde Elor Azaria wegen Totschlags verurteilt und saß neun Monate im Gefängnis. Spätestens nach seiner Freilassung wurde er zum Nationalhelden und Posterboy für Israels politische Rechte. Seine Geschichte offenbart tiefe Einblicke in Israels militaristische und rassistische Politik und Gesellschaft.

…… Um die Verhältnismäßigkeit dieses Urteils ins rechte Licht zu rücken, ein kurzer Blick auf Ahed Tamimi – jene palästinensische Teenagerin, die ebenfalls weltweite Bekanntheit erlangte und deren Fall sich zeitlich mit dem von Elor Azaria überschnitt. Kurz nachdem ihr jüngerer Cousin Mohammed von israelischen Soldaten aus nächster Nähe ins Gesicht geschossen wurde, wurde die damals 16-Jährige Ahed gefilmt, wie sie einem bewaffneten israelischen Soldaten, den sie von ihrem Grundstück vertreiben wollte, ins Gesicht schlug.
Für diese Ohrfeige wurde die Palästinenserin Ahed zu acht Monaten Gefängnis verurteilt, während der Israeli Azaria für die Hinrichtung eines reglos am Boden Liegenden neun Monate saß – Unrechtsjustiz im Apartheidstaat Israel.....
….. Das Urteil gegen Elor Azaria spaltete die israelische Gesellschaft. Die Rechte stilisierte ihn zum Nationalhelden und forderte seine Freilassung…... Neben einigen Ministern der rechtsextremen israelischen Regierung, die ihre bedingungslose Solidarität mit Azaria kundtaten, forderte auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Begnadigung des jungen Soldaten. Zumeist von der ultrareligiösen Rechten wurden in Solidarität mit Elor Azaria Massendemonstrationen organisiert. „Tod den Arabern!“ wurde ebenso frenetisch skandiert wie „Elor, unser Held.“ .....
Nach seiner Freilassung im vergangenen Mai wurde Azaria endgültig zum israelischen Helden – zum A-Promi, der im Luxus lebt, wie das israelische Magazin Mako berichtet............ Nach seiner Freilassung besuchte Azaria mit seinen Eltern den Tatort in Hebron im Viertel Tel Rumeida – eine illegale israelische Siedlung – und wurde von den zumeist rechtsextremen, ultrareligiösen Siedlern wie ein Rockstar empfangen und gefeiert. Auch mehrere Minister instrumentalisierten das Medienspektakel um Azaria und überschütteten ihn mit Lobesreden und forderten, sein Führungszeugnis solle gelöscht werden.
..... Doch Israels Politik folgt einer militaristischen Logik, nach der Mord an Palästinensern kein Makel in der eigenen Vita ist, sondern eine Medaille, die mit Stolz getragen wird. Auch sind Hinrichtungen von verwundeten Palästinensern im Tagesgeschäft israelischer Soldaten keine Ausnahme, sondern vielmehr die gängige Praxis der israelischen Armee,..... Die Krankheit ist das Apartheid-Justizsystem Israels, in dem palästinensischen Jugendlichen für das Werfen von Steinen 20 Jahre Gefängnis drohen, während vor Elor Azaria seit 2000 nicht ein einziger Soldat wegen Totschlags – geschweige denn Mord – an den unzähligen ermordeten Palästinensern verurteilt wurde....
Die Geschichte des Elor Azaria ist das Brennglas auf die israelische Gesellschaft, die zerfressen ist vom Rassismus und den Hass auf „den Araber“ braucht, um Jahrzehnte der systematischen Unterdrückung Palästinas und das Abdriften in die Apartheid vor sich selbst rechtfertigen zu können – und in der die linken, progressiven, pazifistischen Kräfte derart impotent sind, dass sie kaum der Erwähnung wert sind.




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