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Es sei falsch gewesen, Breiviks Hasstiraden gegen den Islam als Phrasen eines Verrückten abzutun, schreibt Paul Hockenos in seinem Essay. Er glaubt, dass Rassismus und Islamophobie spätestens seit den Anschlägen vom 11. September zentrale Bestandteile des politischen Diskurses bei der extremen Rechten geworden sind.
…. Ganz im Gegenteil, Breiviks "wahnhaftes Universum" spiegelt alle Merkmale einer politischen Ideologie wider, die sehr gründlich den anhaltenden islamophobischen Diskurs reflektiert, welcher seit 9/11 innerhalb der europäischen Grenzen und noch darüber hinaus geführt wird.
Breiviks abscheuliche Taten müssen als ein greller Weckruf wahrgenommen werden, damit Europäer – und nicht nur Europäer – das tatsächliche Gewaltpotenzial erkennen, das dieser Bewegung innewohnt und sie in Aktion treten, um diese an ihren Wurzeln zu bekämpfen.
… Breivik ist kein norwegischer Einzelfall, stattdessen steht sein Beispiel symptomatisch für eine wachsende Kultur politisch motivierter Gewalt in allen Winkeln des Kontinents.
… Islamophobe Ansichten haben sich einen festen Platz im Mainstream-Diskurs und in der politischen Debatte erobert – von Skandinavien bis zum Mittelmeer. Politische Parteien, die eine etwas gemäßigtere Version von Breiviks Gedankengut teilen und unterstützen, sitzen in den Parlamenten vieler nordeuropäischer Länder, im Europäischen Parlament und sind mitunter auch Teil der Regierung.
… "Antimuslimischer Rassismus" – eine hierarchische Denkweise, die Kulturen unveränderliche Charakteristika zuschreibt (die westliche Zivilisation an der Spitze, der "rückständige Islam" am unteren Ende), anstelle einer Unterscheidung auf Grund der Hautfarbe – definiert ihre Ideologie des Hasses.
…. Breiviks Internetkommentare und Äußerungen – genauso wie die dutzender antiislamischer Intellektueller, Autoren und Blogger in Europa und Nordamerika, auf die er Bezug nimmt – sind durchzogen von antimuslimischem Rassismus wie er im Lehrbuch steht. Diese beschränkte Weltsicht beschreibt die letzten 1.500 Jahre der Geschichte als ein Kampf der westlichen Zivilisation gegen einen gewalttätigen, versteinerten Islam, der nur danach strebe, das traditionell christliche Europa zu zerstören.
….. Offensichtlich müssen die europäischen Sicherheitsdienste ihren Fokus neu ausrichten und sich verstärkt auf rechtsextreme terroristische Gruppen konzentrieren. Aber das Phänomen Islamophobie beschränkt sich nicht auf Leute wie Breivik oder die Rowdys der "English Defence League". Demokratische politische Parteien sollten sich prinzipiell weigern, Koalitionen mit Parteien zu bilden, die mit Intoleranz und Fanatismus Stimmung machen – ganz egal wie viel Macht diese auch haben mögen. Sie müssen sich der Aushöhlung zentraler demokratischer Anliegen vehement entgegenstellen. Auch an Schulen müssen mehr Programme zur Förderung von religiöser Toleranz eingeführt werden.
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