Montag, 18. März 2019

„Nie wieder!“ und der Wunsch, nichts zu wissen

Mit „nie wieder!“ grenzte man sich bis vor kurzem vom Nationalsozialismus ab. Inzwischen heißt es „nie wieder“ offene Grenzen, Flüchtlinge und Asylsuchende. Ein Kommentar von Prof. Dr. Astrid Messerschmidt

Migration ist zu einem Platzhalter für alle möglichen Äußerungen der Unzufriedenheit, des Gefühls, zu kurz zu kommen und der Angst geworden. Europaweit sorgt das Thema für die Reaktivierung nationaler Identitätsbehauptungen...…

…. „Nie wieder!“ stand bis vor kurzem für die Abgrenzung von allem, was mit dem Nationalsozialismus in Verbindung steht und ist im Lauf der Zeit zu einer Formel der Selbstvergewisserung gemacht worden, so als sei das, wozu die zwei Worte aufrufen, bereits umgesetzt, so als gäbe es in der deutschen Gesellschaft und Politik tatsächlich nichts mehr von dem, was den NS ausmachte, keinen Rassismus, völkischen Nationalismus und schon gar keinen Antisemitismus.

…. Migration kann als Signalwort gegen alles eingesetzt werden, was das vermeintlich Eigene bedroht, wozu Wohlstand, Kultur, Heimat, Sprache und Sicherheit gezählt werden. Migration und Flucht sind politisch gerahmt worden als Phänomene, die das Vertraute zerstören.

….. Die Abwehr von Wissen schützt vor Verantwortung. Heute zeigt sich die Kontinuität dieser Abwehr in dem Mangel an Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung zu den Ursachen der großen weltweiten Fluchtbewegungen, die in ganz erheblichem Maße mit politischer Gewalt und daraus resultierenden Verarmungsprozessen zusammenhängen. Alles das kann jede und jeder wissen, zumal die Medien, die dieses Wissen transportieren, für alle zugänglich sind.

..... Das Bedürfnis nach Nichtwissen enthält zudem ein anti-intellektuelles Motiv, das allen rechtspopulistischen Bewegungen eigen ist und das zu den Elementen des Antisemitismus gehört. 

…. Viele Lehrkräfte versprechen sich davon nichts für die Bewältigung ihres pädagogischen Alltags und wünschen sich eher Themen wie Sprachprobleme und kulturelle Unvereinbarkeiten. Die Vermutung, dass ein differenzierteres Wissen über die Ursachen von Flucht und Elendsmigration nichts bringt, ist Ausdruck einer Bildungsverweigerung bei denen, die Bildung vermitteln sollen. Die Beschränkung auf die vermeintlich wichtigeren, weil praktischen Fragen des Deutschlernens und des Umgehens mit kulturellen Differenzen verengt den eigenen Horizont auf die dominanten Themen des deutschen Integrationsdiskurses. Reproduziert wird dadurch das immer gleiche Muster der Identifikation von (Sprach-)Defiziten und kulturell problematischen Verhaltensweisen. Das Eigene bleibt davon unberührt, veränderungsbedürftig sind nur die Anderen....

ganzer Artikel nachzulesen im migazin



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