Sonntag, 31. März 2019

Passender Artikel von 2012 !!!!!!! - Islamophobie in Europa und der Fall Breivik Kapitulation der politischen Mitte

ANMERKUNG SPURENSUCHE: dieser Artikel wurde bereits 2012 veröffentlicht, trotzaller Warnungen sind die westlichen Politiker noch mehr nach rechts gerückt und haben Allianzen mit rechten Parteien in Regierungen gebildet, antimuslimischer Rassismus ist Teil ihrer Politik und Rechtsextremismus wird von Politik und Medien verharmlost und der Islamische Terror als Hauptbedrohung inszeniert und benutzt - obwohl die Faktenlage dies widerlegt. Nun haben wir das Christchurch-Massaker inspiriert von Breiviks Tat und die Spuren führen in rechte Netze bis nach Österreich...... 

ARTIKEL: 
Es sei falsch gewesen, Breiviks Hasstiraden gegen den Islam als Phrasen eines Verrückten abzutun, schreibt Paul Hockenos in seinem Essay. Er glaubt, dass Rassismus und Islamophobie spätestens seit den Anschlägen vom 11. September zentrale Bestandteile des politischen Diskurses bei der extremen Rechten geworden sind.


…. Ganz im Gegenteil, Breiviks "wahnhaftes Universum" spiegelt alle Merkmale einer politischen Ideologie wider, die sehr gründlich den anhaltenden islamophobischen Diskurs reflektiert, welcher seit 9/11 innerhalb der europäischen Grenzen und noch darüber hinaus geführt wird.

Breiviks abscheuliche Taten müssen als ein greller Weckruf wahrgenommen werden, damit Europäer – und nicht nur Europäer – das tatsächliche Gewaltpotenzial erkennen, das dieser Bewegung innewohnt und sie in Aktion treten, um diese an ihren Wurzeln zu bekämpfen.
…  Breivik ist kein norwegischer Einzelfall, stattdessen steht sein Beispiel symptomatisch für eine wachsende Kultur politisch motivierter Gewalt in allen Winkeln des Kontinents.
…  Islamophobe Ansichten haben sich einen festen Platz im Mainstream-Diskurs und in der politischen Debatte erobert – von Skandinavien bis zum Mittelmeer. Politische Parteien, die eine etwas gemäßigtere Version von Breiviks Gedankengut teilen und unterstützen, sitzen in den Parlamenten vieler nordeuropäischer Länder, im Europäischen Parlament und sind mitunter auch Teil der Regierung.
… "Antimuslimischer Rassismus" – eine hierarchische Denkweise, die Kulturen unveränderliche Charakteristika zuschreibt (die westliche Zivilisation an der Spitze, der "rückständige Islam" am unteren Ende), anstelle einer Unterscheidung auf Grund der Hautfarbe – definiert ihre Ideologie des Hasses.

…. Breiviks Internetkommentare und Äußerungen – genauso wie die dutzender antiislamischer Intellektueller, Autoren und Blogger in Europa und Nordamerika, auf die er Bezug nimmt – sind durchzogen von antimuslimischem Rassismus wie er im Lehrbuch steht. Diese beschränkte Weltsicht beschreibt die letzten 1.500 Jahre der Geschichte als ein Kampf der westlichen Zivilisation gegen einen gewalttätigen, versteinerten Islam, der nur danach strebe, das traditionell christliche Europa zu zerstören.
….. Offensichtlich müssen die europäischen Sicherheitsdienste ihren Fokus neu ausrichten und sich verstärkt auf rechtsextreme terroristische Gruppen konzentrieren. Aber das Phänomen Islamophobie beschränkt sich nicht auf Leute wie Breivik oder die Rowdys der "English Defence League". Demokratische politische Parteien sollten sich prinzipiell weigern, Koalitionen mit Parteien zu bilden, die mit Intoleranz und Fanatismus Stimmung machen – ganz egal wie viel Macht diese auch haben mögen. Sie müssen sich der Aushöhlung zentraler demokratischer Anliegen vehement entgegenstellen. Auch an Schulen müssen mehr Programme zur Förderung von religiöser Toleranz eingeführt werden.

Katerstimmung nach Christchurch

…. Muslime sterben auf dem Mittelmeer, weil reiche Länder ihren Reichtum bedroht sehen, wenn ein paar Tausend Menschen einwandern. Muslime sterben in ihrer Heimat, weil Länder, die sich an die letzten Reste ihrer Weltmacht klammern, über strategischen Zugang zum Mittelmeer streiten. Muslime sterben, weil sie ganz zufällig in Explosionsreichweite zu einer Person stehen, die ohne Prozess oder Anklage zum Tode verurteilt wurden. Muslime sterben, weil junge Männer die Überlegenheit ihrer weißen Rasse herbeifantasieren. Und Muslime sterben auch, wenn sie versuchen, sich des kolonialen Erbes ihrer Staaten – korrupter Despoten – zu entledigen.

… Nun sind allgemein Nazis in der Bundeswehr, die Glorifizierung der Wehrmacht oder der interne Kadavergehorsam nichts Neues. Bereits während der NSU-Ermittlung haben interessierte Beobachter die Auswüchse dieses mindestens latenten Rechtsextremismus kennengelernt. 

…. Das Massaker von Neuseeland sollte uns vielmehr allen vor Augen führen, dass Rassisten, Faschisten, Nationalisten überall da draußen sind, dass sie bewaffnet sind und dass sie keinerlei Skrupel besitzen, Waffen gegen alle einzusetzen, die wehrlos sind und nicht in ihr Weltbild passen. Und wir sollten uns vor Augen führen, dass wir uns nicht auf die verlassen können, die uns schützen sollen.

Wenn sie die Waffe gegen betende Muslime richten, dann sind wir alle Muslime. Wenn sie ein jüdisches Restaurant mit Steinen beschmeißen, sind wir alle Juden. Wenn sie Sozialdemokraten auf Utøya erschießen, sind wir alle Sozialdemokraten. Und wenn wir das nicht sind, sind wir womöglich schneller als uns lieb ist Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer. Denn gemeint sind nicht „die Muslime“, gemeint sind wir alle.

ganzer Artikel im migazin

Christchurch: Mordideologie aus dem Ramschladen

Der Massenmord von Christchurch war keine Wahnsinnstat, sondern ein politischer Akt, schreibt Benjamin Opratko. Die Ideen, die den Terroristen antrieben, sind im politischen Mainstream fest verankert – auch und gerade in Österreich.
Es gibt einen Satz im Manifest des Massenmörders von Christchurch, der es wert ist, gelesen zu werden. Es ist ein Satz, der eine öffentliche Debatte überall in jenem „Westen“ anstoßen müsste, den der Täter zu schützen vorgibt. Auf die selbst gestellte Frage, weshalb er gerade MuslimInnen als Opfer ausgewählt hat, antwortet er: „Sie sind die am meisten gehasste Gruppe von Invasoren im Westen, sie anzugreifen erhält die größte Unterstützung.“
Was ist an diesem Satz so bemerkenswert? Er bringt auf den Punkt, was die Soziologie „Opportunitätsstrukturen“ nennt. Dieser Begriff beschreibt die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen eine soziale Handlung wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher wird...…

Eine Kultur des Misstrauens

Keine Erklärung des Massakers von Christchurch, Neuseeland, kann ohne Verweis auf eine global verbreitete, tief verankerte Kultur des alltäglichen Rassismus gegenüber Musliminnen und Muslimen auskommen. Es ist eine Kultur des Misstrauens und des Verdachts. Eine Kultur, die den Massenmord zur Randnotiz macht statt zur Schlagzeile. Die es ermöglicht, den Opfern selbst noch die Verantwortung für ihre Ermordung zuzuschieben. In der selbst Linke es für angebracht halten, nach dem Mord an 51 Betenden darauf hinzuweisen, dass sie Religion ja trotzdem ablehnen.
…… Die rassistische Verschwörungstheorie, wonach MuslimInnen das Abendland unterwandern und finstere Mächte einen „großen Austausch“ der weißen Bevölkerung planen, mobilisierte schon vor bald fünf Jahren Zehntausende auf die Pegida-Demos. Sie ist eine Kernidee der AfD ebenso wie der FPÖ oder des neofaschistischen Netzwerks „Identitäre Bewegung“. Von letzteren entlehnte der Mörder auch den Titel seines Manifests: Der „Große Austausch“, das Kernkonzept der Identitären, heißt in der Übersetzung des Australiers „The great replacement“....


Falsche Konsequenzen einer Forschung: Zu den Problemen der Antisemitismusstudie

Die vom Parlament in Auftrag gegebene Antisemitismusstudie beinhaltet grundlegende Fehler. Eine notwendige kritische Antisemitismusfoschung in Österreich wird dadurch instrumentalisiert. Ein Kommentar von Klaudia Rottenschlager und Adam Baltner.
Die „tot geglaubte Geißel des Antisemitismus“ sei noch immer ein Problem: Mit dieser Erkenntnis präsentierte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die vom Parlament in Auftrag gegebene Antisemitismusstudie 2018. Die späte Erkenntnis, dass antisemitische Kontinuitäten und Transformationsprozesse in Österreich existieren, ist begrüßenswert. Um sie effektiv bekämpfen zu können, müssen komplexe Situationen, Rahmen- und Lebensbedingungen und Diskriminierungsformen in ihrer Wechselwirkung und Verschränkung analysiert werden.
Doch die vorgestellt Studie bleibt all das schuldig. Schlimmer noch: Sie instrumentalisiert die Forschung, um Antisemitismus in erster Linie zum Problem von – vor allem muslimischen – Anderen zu erklären. Im Folgenden erklären wir anhand von drei Punkten, weshalb die Studie so problematisch ist.
1. Unangemessene Methoden, unwissenschaftliche Vergleiche
2. Umstrittene Definition, ungültige Gleichsetzung
3. Falsche Konsequenzen, gefährliche Instrumentalisierung

Samstag, 30. März 2019

Kopftuchverbot für Minderjährige Empört. Enttäuscht. Fassungslos.

Empört über den Titel der Petition von Terre des Femmes „Den Kopf frei haben“. Enttäuscht über das Unverständnis einer gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation gegenüber Frauen, die nicht in ihre ‚weiße‘ Feminismusdefinition passen. Und fassungslos über die zahlreichen Unterzeichnungen dieser Petition von jenen Menschen, die in der Öffentlichkeit als Sprachrohr gelten.

Der Aufruf von Terre des Femmes hat uns Schwestern, beide tätig im sozialpädagogischen Bereich, zutiefst getroffen. Die wichtigsten Werte, die in unserer Familie hochgeschrieben werden, sind Akzeptanz und Respekt gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen. Nur so kann ein friedliches Miteinander und ein diskriminierungsfreies Deutschland erlangt werden.
Indem Terre des Femmes versucht, ein angebliches Recht für minderjährige Mädchen einzufordern, tut sie genau das Gegenteil: nämlich anderen Mädchen das Recht wegnehmen, sich frei entfalten zu können. Terre des Femmes unterstellt diesen Mädchen, nicht eigenständige Entscheidungen (sei es über das Kopftuch oder nicht) treffen zu können.
Auch die im Aufruf stehende Aussage, Mädchen mit Kopftuch könnten kein unverkrampftes Verhältnis zur eigenen Sexualität entwickeln, verwundert uns sehr. Wir stellen uns zum einen die Frage, was ihre Quelle zu solch einer Information ist und zum anderen wer eigentlich bestimmt, was ein unverkrampftes Verhältnis zur Sexualität bedeutet. Außerdem ist es befremdlich, dass ausgerechnet ‚weiße‘, christlich geprägte Frauen ein unverkrampftes Verhältnis zur Sexualität beanspruchen, da die Missionierung der so genannten Anderen auch damit einherging, zu bestimmen, wie ‚zivilisierte‘ weibliche Sexualität auszusehen hat.


Sonntag, 24. März 2019

Fremdenfeindlichkeit : Ein Hass, der chinesische Wurzeln hat

…… Dieser Hass auf Flüchtlinge (Nan Min) in der chinesischen Öffentlichkeit ist ein relativ neues Phänomen und die Ursachen dessen finden sich ebenso in der Vergangenheit wie in der Gegenwart von Kultur, Politik und Ideologie in China. Diese Ursachen liegen vor uns wie Teile eines zersplitterten Spiegels, wüst verstreut, einander manchmal überlagernd, manchmal weit voneinander entfernt – aber alle Scherben spiegeln die Träume der chinesischen Regierung von heute, der chinesischen Bevölkerung und der Auslandschinesen. Und sie machen wenig Hoffnung auf eine bessere Welt. 

…. Wissenschaftler wie Frank Dikötter und Yinghong Cheng, die zu den wenigen gehören, die zu diesem Thema forschen, konnten jedoch belegen, dass Rassismus nicht nur in China, sondern auch in den Gemeinschaften ethnisch-chinesischen Ursprungs in Übersee weit verbreitet ist. In der chinesischen Geschichtsschreibung hat sich ein ethnozentristisches Bild der Überlegenheit gehalten, das heute eine neue Blüte erlebt. 

….. Rassistische Vorstellungen haben sich in China im Lauf von Jahrhunderten verfestigt. In seinem Buch Strangers at the Gate beschreibt Frederic Wakeman Jr., wie die Ming-Dynastie vom 14. Jahrhundert an den Kontakt mit anderen Zivilisationen fast völlig abbrach und erklärte, alle fremden Kulturen seien barbarisch. Man müsse sich weder um sie kümmern noch sie fürchten. Mit den Opiumkriegen, die China fast einer Kolonisierung unterwarfen, geriet dieses Weltbild ins Wanken. Seither haben sich andere Vorstellungen einer rassisch begründeten Hierarchie ausgebildet: Ganz oben stehen die Weißen und die Chinesen, die miteinander konkurrieren. Weiter unten gibt es ein Gemisch aus anderen "Rassen", und der den Schwarzen zugewiesene Ort ist ganz unten.

…. Das 21. Jahrhundert hat dieser Hierarchie eine neue "Rasse" hinzugefügt: die Muslime. Nach dem 11. September, der weltweiten Zunahme islamistischer Terrorangriffe, den uigurischen Unruhen von 2008, den Aufständen von Ürümqi 2009 und dem Massaker von Kunming 2014 wurden die Muslime langsam ganz unten bei den Schwarzen einsortiert. Diese zusammenfantasierte Hierarchie kann die Mitleidlosigkeit der chinesischen Gesellschaft im Umgang mit tibetischen Buddhisten und den im uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang von der Regierung verfolgten Muslimen zum Teil erklären, ebenso wie den in der jüngsten Krise zu Tage getretenen Hass auf Flüchtlinge, unter denen nun mal zahlreiche Muslime sind.

….. Für den Hass auf Muslime hat die chinesische Regierung viel Verständnis aufgebracht, sie hat sogar die Verbreitung von Falschmeldungen über "zahlreiche von Muslimen begangene schreckliche Verbrechen" gefördert, die in sozialen Medien grassieren. Diese Art von Fake-News hat in der chinesischen Bevölkerung den Eindruck verfestigt, in Europa und den USA herrschten Chaos und Gewalt, und so die harte Hand des chinesischen Polizeistaats legitimiert. Falschmeldungen werden auch helfen, die brutale Unterdrückung der Muslime von Xinjiang zu legitimieren, falls sie in China bekannt werden sollte – wegen der strengen Kontrolle der Nachrichten aus Xinjiang wissen die meisten Chinesen nichts über die Lage dort.

…. Nun gehören aber die Chinesen selbst zu einer der größten Migrantengruppen der Welt. Wie gehen die flüchtlings- und migrantenfeindlichen Chinesen mit dieser Tatsache um? Indem sie chinesische Migranten zu den wertvollsten Musterbürgern ihrer jeweiligen Gastländer erklären.

…. Im Einklang mit der Regierungspropaganda erklären viele chinesische Gemeinden im Ausland, Gene, Kultur, Tradition und Geschäftssinn der Chinesen seien von solcher Überlegenheit, dass sie ihren Gastländern viel nützlicher seien als die "faulen Schwarzen" oder die "lästigen Muslime". 

…. Wir erleben aber auch, dass sich immer mehr chinesische Auslandsstudenten in der Flüchtlingshilfe und im Kampf gegen Fake-News engagieren. Das Gleiche gilt für viele chinesische Einwanderer der zweiten Generation, die im Westen aufgewachsen sind und den in der Elterngeneration weitverbreiteten Rassismus ablehnen. Leider ist diese Gruppe noch relativ klein.

….. Die chinesische Regierung, die chinesische Gesellschaft und die Auslandschinesen verweigern die Modernisierung ihres Politikverständnisses. Dieses Versagen, diese Verweigerung befindet sich im Gleichklang mit dem weltweiten Wiedererstarken des Tribalismus und einer Mentalität des sich Abschottens von Gesellschaften, hat dabei aber ihre ganz eigenen chinesischen Wurzeln. ….
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