Montag, 7. Januar 2019

Tagesdosis 7.1.2019 – Die bösen Anderen

Ein Kommentar von Susan Bonath.

Der erste Blick geht ins bayrische Amberg. Kurz vor Silvester hatten dort vier stark betrunkene jugendliche Asylbewerber Passanten gewalttätig attackiert. Es kam, wie es kommen musste: Der um Zustimmung buhlende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schlachtet die Tat sorgsam für die Zwecke seiner Auftraggeber aus.....

.... Psychologisch unumstritten ist indes: Mehr Repressionen erzeugen mehr Angst. Mehr Angst erzeugt mehr Aggressionen. Aggressionen führen zu Gewalt. Das wiederum schürt immer mehr Hass auf der anderen Seite. Seehofer weiß das alles. Es kümmert ihn so wenig, wie ihn in Wahrheit einheimische Verletzte kümmern. Und etwas anderes weiß er auch: Ausländer eignen sich, neben einheimischen Obdachlosen, Drogensüchtigen und Hartz-IV-Beziehern,  bestens zur Aggressionsabfuhr für frustrierte deutsche Statusakrobaten. Irgendwer muss ja Schuld sein.....

.... Anders sieht es im umgekehrten Fall aus. Der Blick geht nach Bottrop. Der 50jährige Andreas N. fuhr am frühen Neujahrsmorgen mit dem Auto in eine Gruppe Ausländer. Mehrere Menschen – Syrer, Afghanen, ein Türke – wurden schwer verletzt, darunter auch Frauen und Kinder. Rassistische Parolen habe er gebrüllt, auch später bei der Vernehmung. Die Polizei konstatierte ausländerfeindliche Motive. Doch während die Polizei bei islamistischen Attentätern regelmäßig Pässe findet, findet sie bei Deutschen ein Attest..... Das Motto: Kann ja einem derart Traumatisierten mal passieren. Und klar, auch daran sei letztlich Merkels „Migrationspolitik“ Schuld. Die perfekte Täter-Opfer-Umkehr. Und Achtung, Ironie: Deutsche Waffen und imperialistische Plünderungen durch deutsche Konzerne traumatisieren natürlich nie!

.... Doch es geht weiter: Selbst dieses Attentat nutzte das Redaktionsnetzwerk Deutschland für das Schüren von Feindbild Nummer zwei: Hartz-IV-Bezieher. So titelte es am 2. Januar: „Hass, Schizophrenie und Hartz IV: Das ist über den Attentäter in Bottrop bekannt“. Schwupps ist die Verbindung im Oberstübchen hergestellt: Hartzer seien nicht nur „dumm“ und „faul“, sondern gerne psychisch gestört.

... Ob bewusst oder unbewusst getrieben von eigenen neurotischen Abwehrmechanismen: Die deutsche Politik dreht permanent an dieser Spirale – immer mit dem Fokus auf unten.

..... Zum Weitblick würde die Erkenntnis gehören, dass Krieg, Elend und Flucht immer traumatisieren, und das Traumata nun einmal psychosoziale Folgen haben – bei vielen ehemaligen Soldaten genauso wie bei den Opfern der Ressourcenkämpfe. Dazu gehört auch die Einsicht, dass Gewalt immer zunimmt, wo die soziale Lage sich verschärft. Und dass sich diese verschärft, weil sich die Vermögen auf Grund des Zwangs zur Profitmaximierung oben konzentrieren und nicht wegen Flucht und Migration. Dass letzteres im Gegenteil eine Folge dieses kapitalistischen Prinzips ist. Dass Menschen nicht waghalsig mit Kind und Kegel in Schlepperboote steigen, weil sie mal eben im kalten Europa Urlaub machen wollten. Und dass sich ausgegrenzte Menschen gar nicht integrieren können.
Doch das gekränkte Ego tritt nach unten. Die Projektionsspirale läuft, die Kapitalmaschine auch. Und die Herrschenden samt ihrer Propagandisten aus Politik und Staatsapparat reiben sich die Hände. Solange niemand auf den wachsenden Reichtum ihrer Auftraggeber sowie ihre eigenen dicken Gehälter, Diäten und Pensionen schaut, ist alles in Butter. Man klaut dem einen die Peanuts und beschuldigt den anderen. Man versetzt alle Gruppen in Angst und lässt sie aufeinander losgehen....


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