Dienstag, 29. Januar 2019

Frauenmorde in Österreich und die gefährliche Stammtischverkürzung der Ursachen - sogar von der Politik!!!!!


"Bis auf’s Blut"
Verstörend viele Frauenmorde sind in den vergangenen Wochen und Monaten geschehen. Die Statistiken können nur begrenzt erklären, wie es dazu kommen konnte. Über Herkunft und Wertehaltungen der Täter muss dennoch geredet werden – ebenso wie über patriarchale Machtmuster, die alle betreffen. Österreich macht sich Gedanken über männliche Gewalt und Hass auf Frauen, über patriarchale Strukturen und misogyne Weltbilder. Woher, so fragt man sich, kommt diese Flut der Frauenmorde? War Femizid nicht etwas, von dem zuvor höchstens dann zu hören war, wenn es um sogenannte Ehrenmorde in rückständigeren Kulturen ging oder um anhaltenden Machismus in Italien oder Südamerika (ZEIT Nr. 41/18)? Und wer sind diese Gewalttäter? Wer erwürgt, ersticht, ertränkt, erschießt seine Partnerin, Ex- oder Wunschfrau, seine Mutter, Schwester oder Tochter?

Die Regierung aus ÖVP und FPÖ hat ihren Schuldigen rasch ausgemacht: den Fremden. Außenministerin Karin Kneissl nennt es ein "Faktum, dass wir ohne die Migrationskrise von 2015 nicht diese Form an Gewalt an Frauen hätten". Staatssekretärin Karoline Edtstadler spricht von importierten Wertehaltungen, und mitverantwortlich seien, so Vizekanzler Heinz-Christian Strache, "die Willkommensklatscher".

Diese Stammtischverkürzung ist doppelt gefährlich. Damit würgt man einerseits die gesellschaftliche Verhandlung der eigenen Schattenseiten ab, bevor sie noch wirklich begonnen hat, und ignoriert jene Macht- und Gewaltmuster, die in Österreich pro Jahr verantwortlich sind für fast 9.000 Wegweisungen (vergleichbar mit dem deutschen Kontaktverbot) und für eine ungleich höhere Dunkelziffer der von Männergewalt innerhalb einer Beziehung terrorisierten Frauen. 

Patriarchale Strukturen und Gewalt gebe es unter Österreichern höchstens vereinzelt, behauptet nun die ehemalige Richterin Edtstadler – und wenn Österreicher doch mordeten, dann weil sie die Ausländer nachahmten. Das ist eine Verhöhnung aller Opfer. Jede fünfte Frau in diesem Land erlebt mindestens einmal im Leben männliche Gewalt, und das war früher keineswegs besser. Meist misshandeln und vergewaltigen die Täter in den eigenen vier Wänden. Es klingt müßig, zu sagen: Nein, diese Männer sind keineswegs nur Migranten. Doch ausgerechnet dieser Tage müssen es Opferschutzeinrichtungen und Männerberatungen wiederkäuen: Sie haben es genauso mit Hofräten, Politikern oder Ärzten zu tun, mit angesehenen, nach außen hin aufgeklärt auftretenden Österreichern. 



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