Dienstag, 9. Februar 2021

ZUKUNFTSVISION - Bionikerin: "Wir werden uns von der Natur abkapseln müssen"

Um Tiere und Pflanzen zu schützen, müssen wir uns in digitale Welten zurückziehen, sagt die Bionikerin Ille Gebeshuber. Nur mehr die Reichen werden in der realen Welt leben.

.....In ihrem Buch "Eine kurze Geschichte der Zukunft" hat es die österreichische Physikerin und Bionikerin Ille Gebeshuber trotzdem gewagt, mehrere Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte nach vorn zu blicken. Die aktuelle Pandemie wird für sie dabei kaum mehr eine Rolle spielen. Stattdessen werden wir uns mit Parallelwelten, neuronalen Implantaten und Telepathie beschäftigen müssen. Für die Natur könnte das auch eine Entspannung bedeuten – aber nur, wenn wir Pflanzen und Tiere in der realen Welt "in Ruhe lassen".....

..... Gebeshuber: Ich habe das in Kuala Lumpur in Malaysia gemerkt. Neben unserem Haus war ein Regenwald, der mittlerweile völlig von der Großstadt umwachsen ist. Meine naturliebenden Nachbarn sind da jeden Tag wandern gegangen, weil sie die wilden Katzen sehen wollten. Aber für mich war dieser Wald heilig. Ich bin da nicht hineingegangen, habe gesagt, da müssen wir Abstand halten, weil die Tiere keinen Platz mehr haben. In der Zukunft werden wir mehr Abstand von der Natur halten müssen, etwa indem wir uns in die digitale Welt zurückziehen.

STANDARD: Können Sie das genauer beschreiben?

Gebeshuber: In Zukunft wird es immer mehr so sein, dass ein kleiner Teil ein sehr schönes, gut geschütztes Luxusleben in der realen Welt führt, aber die meisten anderen digitale Träume träumen. Der Vorteil dieser digitalen Träume für die Menschen ist, dass sie sehr gut und schön in Kontakt mit vielen anderen Menschen und Gegenden kommen. Gleichzeitig würde es sehr viel Druck von der Natur wegnehmen und schlussendlich ein akzeptabler Kompromiss für alle Beteiligten sein.....

..... STANDARD: Wäre das nicht eher eine Spaltung als ein Kompromiss in der Gesellschaft?

Gebeshuber: Im Grunde haben wir diese Unterschiede ja jetzt schon: absolut elitäre Gruppen, die ganz andere Welten beleben als der Rest der Menschheit. Das Prinzip der Gleichheit aller Menschen wird in der Zukunft an Bedeutung verlieren. Nicht deswegen, weil die Menschen geringgeschätzt werden, sondern, weil sich diese Wirklichkeiten so stark voneinander entfernen. Die Reichen, die in der echten Welt leben, werden genoptimiert und gesund sein und die schönsten Flecken der Erde bewohnen. Das bedeutet aber nicht, dass andere Menschen, die nicht so privilegiert sind, mit ihren von Implantaten getragenen Sinnen nicht noch schönere Flecken finden können – eben in virtuellen Universen – und noch dazu mit Fähigkeiten, die weit über die körperlichen Fähigkeiten des Menschen hinausgehen. Es geht also nicht so sehr um Gleichheit, sondern um Glück, um Selbstverwirklichung. Es wird sehr viele Möglichkeiten geben.

STANDARD: Besteht nicht die Gefahr, dass wir in dieser Zukunft den Bezug zur Wirklichkeit verlieren?

Gebeshuber: In meinen Zukunftsvisionen gibt es kein Internet mehr, sondern die sogenannte Cumulus. In dieser Cumulus gibt es neben der realen Welt verschiedene Parallelwelten beziehungsweise Wirklichkeiten. Die Menschen werden den Unterschied zwischen diesen Welten sehr wohl wahrnehmen können und den Bezug zur Wirklichkeit nie hundert Prozent verlieren können, weil wir körperbehaftete Wesen sind und unsere Grundbedürfnisse befriedigen müssen. In den virtuellen Welten kann man Kaiser sein, mit Überlichtgeschwindigkeit in andere Planetensysteme fliegen und vieles mehr. In der echten Welt, wo es um Leben und Tod geht, muss man hingegen ganz anders auftreten – freundlich, bemüht, respektvoll.....

.... Gebeshuber: Die Zukunft muss eine bessere werden. Weil die Alternative "Keine Zukunft für die Menschheit" ist. So gesehen haben die Pessimisten natürlich Recht. Wir stehen an einem Wendepunkt. Die kommenden Dekaden bis 2050 werden sehr wahrscheinlich zu den wichtigsten der Menschheitsgeschichte zählen. Sie werden einen Aufbruch in ein neues Zeitalter einleiten. Das bedeutet unter anderem auch, Abschied zu nehmen von so manchem selbstverständlich gewordenen Luxus, was auch wehtun wird. Aber im Endeffekt wird und muss es eine gute und schöne Zukunft werden. (Jakob Pallinger, 30.1.2021)

ganzes Interview im Standard: Bionikerin: "Wir werden uns von der Natur abkapseln müssen" - EditionZukunft - derStandard.at › EditionZukunft

Anmerkung Spurensucher: klingt doch ganz wie Werbung für den Great Reset.....

weiteres Interview in der Wiener Zeitung: Ille Gebeshuber: "Verstehen ist wichtiger als Wissen"

Die an der Wiener TU lehrende Nanophysikerin erklärt, warum sie trotz Endzeitstimmung auf die Menschheit vertraut - und was das mit dem Straßenverkehr in Malaysia zu tun hat.

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