Sonntag, 7. Februar 2021

Das vergiftete Geschenk


Die vorgeblichen Ziele des „Great Reset“ muten begrüßenswert an, doch der Teufel steckt im Detail. Teil 1/2.

Als ein seltenes Gelegenheitsfenster, „unsere Welt zu reflektieren, neu zu überdenken und neu zu gestalten“, betrachtete Klaus Schwab die Coronakrise. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) kündigte im Juni 2020 den globalen „Great Reset“ an. Das Dokument WEF, 2020a, visionierte den Neustart und die Umgestaltung der Weltökonomie als Lösungsweg aus der verheerenden Weltwirtschaftskrise, die sich in den nächsten Monaten deutlich zeigen wird. Der Weltgipfel des WEF wird 2021 erstmals nicht in Davos stattfinden, sondern im Mai in Singapur. In diesem zweiteiligen Artikel stellt die Autorin dar, was mit dem Great Reset gemeint ist und in welchem wissenschaftlichen Spannungsfeld verschiedener Interpretationen wir uns bewegen.

Im ersten Teil des zweiteiligen Artikels werden die Hintergründe und Utopien des Weltwirtschaftsforums zum Great Reset präsentiert, wie es sich selbst darstellt: Von der Absicht eines globalen Stakeholder-Kapitalismus über die Umsetzung einer Great Reset-Agenda bis zu einer bereits fertig durchdachten globalen Transformation der ökonomischen, sozialen und technologischen Welt.

Im zweiten Teil werden kritische Stimmen von sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammengefasst, welche die Pläne des Great Resets und die Ereignisse des Jahres 2020 aus unterschiedlichen Fachbereichen in einen größeren Kontext gestellt und analysiert haben. Es geht dabei um die Corona-Krise als Wegbereiterin in das kybernetische Zeitalter, um globale Strategien und neue Standards, digitale Kontrolle, Transhumanismus und die Rolle der Großkonzerne und Milliardäre. Der Artikel soll Anhaltspunkte für einen breiten wissenschaftlichen und fachübergreifenden Diskurs zu diesen Themen aufzeigen und diesen vorantreiben.

.... The Great Reset — Hintergründe und Ziele

Vor 50 Jahren wurde das Weltwirtschaftsforum gegründet, in dem sich jährlich in Davos die wichtigsten Vertreter der Großkonzerne, der Regierungen und der Milliardäre treffen. Der Gründer und Vorsitzende des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, schreibt für das nächste Treffen in WEF, 2020a: 
„The pandemic represents a rare but narrow window of opportunity to reflect, reimagine, and reset our world.“ — „Die Pandemie stellt ein seltenes, aber enges Fenster einer Gelegenheit dar, unsere Welt zu reflektieren, neu zu überdenken und neu zu gestalten.“

Diesem Statement ist auf den ersten Blick nichts hinzuzufügen, wissen wir doch alle um die vielfältigen Probleme der Welt.

..... Die vier großen Ziele — oder wohlklingenden Versprechungen — des Great Resets sind eine sozialere und gerechtere Welt im regulatorischen und steuerlichen Sinne, die Errichtung einer sogenannten Stakeholder-Economy als Nachfolge der jetzigen Shareholder-Economy, des Weiteren die Förderung der 4. Industriellen Revolution und als letzten Punkt die Finanzierung und Umsetzung gemeinsamer Ziele der Staaten. Hierbei sind die Überwindung der Klimakrise, die Reduktion des Ressourcenverbrauchs, aber auch ein gemeinsames Beschaffungswesen und die Angleichung sozialer Standards, gemeint.....

... Die Pandemie zeige, wie schnell wir unsere Lebensweise radikal ändern können. Fast augenblicklich zwang die Krise Unternehmen und Einzelpersonen, Praktiken aufzugeben, die lange Zeit als unerlässlich galten, von häufigen Flugreisen bis hin zur Arbeit in einem Büro.

Der Umgang mit der COVID-19-Krise wird als positives Beispiel genannt, wie Geldströme eingesetzt werden und welche Regulatorien in Kraft treten. Das unermessliche Leid und die Kollateralschäden, welche die weltweiten Maßnahmen verursacht haben, bleiben weitgehend unerwähnt......

... Umsetzung des Great Resets
Die Frage, wie der Great Reset umgesetzt werden soll, beantwortet Schwab damit, dass der Wille zum Aufbau einer besseren Gesellschaft eindeutig vorhanden sei. Es bedürfe stärkerer und effektiverer Regierungen und bei jedem Schritt des Weges wird das Engagement des Privatsektors eingefordert.....

.... Treibende Kräfte: Gentechnik, Atomkraft und „große“ Regierungen
In seinem Buch „COVID-19: Der große Umbruch“, das im Sommer 2020 erschienen ist, stellt Klaus Schwab Überlegungen an, wie das zukünftige Wirtschaftswachstum aussehen könnte. Er geht davon aus, dass die COVID-19-Krise bis 2022 andauert. Diese wirtschaftliche Zwangspause für die Gesellschaft sollte dazu genutzt werden, darüber nachzudenken, was wirklich von Wert ist. In dieser Zeit sollten institutionelle Veränderungen in die Wege geleitet und politische Entscheidungen in Richtung einer gerechteren und „grüneren“ Zukunft getroffen werden....

... Biotechnologie, Online-X und Automatisierung

Der technologische Umbruch hätte bereits begonnen und Unternehmen würden sich in ihrer Arbeitsweise und Rentabilität verändern. Schwab hebt die Innovation in der Genetik hervor, mit der zukunftsträchtigen synthetischen Biologie, welche den Weg für eine bahnbrechende Entwicklung im Gesundheitswesen ebnet. Er schreibt, dass die Fortschritte in der Biotechnologie die schnelle Sequenzierung des Genoms des Corona-Virus ermöglicht hätten und effizientere Diagnosemöglichkeiten entwickelt wurden. Durch jüngst entwickelte biotechnologische Techniken mit RNA-Plattformen wären Impfstoffe schneller entwickelt worden.

Dass die EMA (European Medicines Agency) zum Jahreswechsel 2020/21 die Impfstoffe lediglich bedingt zugelassen (conditional marketing authorisation) hat, deren langfristige Wirksamkeit und Verträglichkeit erst während der laufenden Massenimpfungen weiter erforscht werden, bleibt unerwähnt und entzieht sich der öffentlichen Auseinandersetzung.....

... Schwab führt weiter aus, dass mit der Pandemie die digitale Transformation einen Impulsgeber gefunden habe. Neben Online-Meetings hätte sich das vor allem auf Online-Arbeit, Online-Bildung, Online-Shopping oder Online-Medizin positiv ausgewirkt. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutete dies eine plötzliche Verhaltensänderung, beispielsweise statt Freunde oder Arbeitskollegen persönlich zu treffen, auf Online-Meetings umzusteigen oder Online-Trainings statt der Besuche im Fitnessstudio. Viele Verhaltensweisen würden nach der Pandemie bestehen bleiben.....

.... Im Bereich der Unternehmen erwartet Schwab große Änderungen: Das Social Distancing würde nach der Pandemie fortbestehen. Die Automatisierung würde beschleunigt werden, aus Furcht vor Ansteckungen würden enge menschliche Kontakte vermieden. Das könnte aus Hygienegründen Branchen wie Restaurants, Einzelhandel oder die Unterhaltungsbranche betreffen, aber auch die Entwicklung von Robotern für die Reinigung, für Lagerhäuser oder Krankenhäuser fördern....

.... Konzept einer globalen strategischen Intelligenz

Als Abschluss der Darstellung des Weltwirtschaftsforums zeigt folgende Grafik, welche global anzuwendenden Ideen und Konzepte für die Zeit nach dem Great Reset abseits demokratischer nationaler Diskurse bereits entwickelt wurden.

Bild

Bildquelle: WEF, 2021

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