Freitag, 16. November 2018

Medienberichterstattung im Syrienkonflikt - Rettet die Wahrheit – auch im Krieg!

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität des Syrienkonflikts vertraut eine wachsende Zahl "kritischer Bürger" im Internet kursierenden Verschwörungstheorien mehr als UN-Untersuchungen, die wissenschaftliche Standards erfüllen müssen. Ein Essay von Kristin Helberg

Wie oft haben Sie schon gehört, dass das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist? Und dass man – etwa im Syrien-Konflikt – keiner Seite trauen könne, weil alle nur Propaganda verbreiteten und einen „Krieg der Bilder“ führten? Wahrscheinlich sehr oft. Bis manch Zeitungsleser und Fernsehzuschauer beschloss, nichts mehr zu glauben.

….. Dabei gibt es sie, die Wahrheit – erst recht im Krieg. Denn dort passieren Verbrechen, die Täter und Opfer kennen, so dass ihre Aufklärung nur eine Wahrheit – nämlich den Tathergang – zutage befördert.....
….. Je differenzierter die Analyse desto anstrengender die Lektüre. Deswegen verkaufen sich einfache Erklärungen besser, vor allem, wenn sie selbstkritisch – also anti-westlich – daherkommen. Der Krieg in Syrien wird dann wahlweise auf einen westlichen Regimewechsel, einen geplatzten Pipeline-Deal oder eine Anti-Iran-Intervention reduziert...…
…… Denkschema von "Gut" und "Böse"
Vor allem Linke und Friedensbewegte greifen die Thesen von Regimewechsel und Pipelines gern auf, weil sie in ihr jahrzehntealtes Denkschema von "Gut" (antikapitalistischer Osten) und "Böse" (rohstoffgieriger imperialistischer Westen) passen. Dabei finden sich besonders unsoziale Auswüchse eines entfesselten Kapitalismus inzwischen in Russland und China, Syrien steht für Neoliberalismus und Nepotismus in Reinform.
…… Anpassung an ein ideologisiertes Weltbild
Diesen moralischen Kompass drohen wir in Syrien zu verlieren, wenn wir vorgeben, nichts zu wissen, weil alle Seiten nur versuchten, mit Manipulation und Inszenierung unsere Wahrnehmung zu beeinflussen. Am Ende verwechseln wir Verbrecher und Leidtragende und erweisen damit jenen Wahrheitsverweigerern einen Dienst, die jedes Gerücht im Internet dankbar aufgreifen, um das Assad-Regime vom Täter zum Opfer zu machen. Manche Pseudo-Linken haben den syrischen Konflikt so an ihr ideologisiertes Weltbild angepasst, dass sich eine "demokratisch legitimierte syrische Regierung“ gegen "westlichen Imperialismus zur Wehr setzt".
….. Womit wir wieder bei der Wahrheit sind. Es gibt in diesem Konflikt Tatsachen, die nicht zu leugnen sind. Der syrische Präsident ist nicht durch Wahlen legitimiert, da diese nicht frei, nicht geheim und nicht gleich sind. 43 Jahre lang ließen sich die Assads per Referendum ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigen. Der gesamte Wahlvorgang liegt vom Zulassungsverfahren bis zur Stimmenauszählung in den Händen des Regimes.
Auch in Sachen Giftgas und Chlorin gibt es eine öffentliche Faktenlage. Von 39 seit 2013 dokumentierten Fällen schreibt die unabhängige UN-Untersuchungskommission 33 dem Regime zu, für die übrigen sechs lässt sich keine eindeutige Täterschaft nachweisen.







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